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Die Story

Episode 1: Der Start (10.06.2024)

Die unsichere Wettervorhersage für die kommenden Tage wurde durch Regen am Morgen bestätigt. So beabsichtigten wir, einen weiteren Trainingstag einzulegen und unser Ski-Setup, bestehend aus der Skitourenausrüstung und einfachem Gleitschirm-Gurtzeug, zu testen. Ein Kameramann wollte den Start des XPEAKS-Projekts für eine TV-Doku begleiten. Da wir die Wahrscheinlichkeit zu starten als gering beurteilten, beschlossen wir, dass er nicht kommen würde – ein Fehler.

Nach dem Start zu Fuss von unserem Zuhause in Frutigen, hoben wir am frühen Nachmittag in der Schlossweid unterhalb Trutten, nur 200 m oberhalb des Dorfes, mit unseren Gleitschirmen ab. Das Steigen war schwach, und es brauchte Geduld, um die niedrige Wolkenbasis von 1800-1900 m zu erreichen. Nach der Querung des Kandertals flogen wir über Kandersteg ins Gasterntal, wo wir auf der Gfelalp auf 1840 m landen konnten. Ein Aufstieg von 1000 Höhenmetern brachte uns etwas über den Lötschenpass. Immer noch waren wir unschlüssig, ob dies ein weiterer Trainingstag oder der eigentliche Start unseres XPEAKS-Projekts war. Bei zügigem Wind und vielen Wolken starteten wir ins Luv. Wir konnten uns zwischen und vor den Wolken hochmogeln und schafften es über das Hockenhorn. Die Sicht auf sonnige Berge und riesige Wolkenbänke, teilweise bis 2000 m unter uns, war atemberaubend. Nach der Querung des Lötschentals konnten wir am Bietschhorngrat in sanftem Aufwind genug Höhe machen, um den Beichgrat zu queren. Der starke Nordföhn, der diesen aussergewöhnlichen Flug erst möglich machte, bescherte uns bei der Oberaletschhütte heftige Leeturbulenzen und anspruchsvolle Landebedingungen. Im gemütlichen Winterraum ging dieser geniale erste Tag voller Ungewissheiten, Abenteuer und Herausforderungen zu Ende.

 

 

Episode 2: Jungfraugebiet (11.-13.06.2024)

Wir verliessen die Oberaletschhütte in tiefer Nacht. Nachdem wir unseren ersten 4000er, das Aletschhorn, erreicht und zelebriert hatten, starteten wir etwa 100 Höhenmeter unterhalb des Gipfels, geschützt im Lee des starken NW-Winds. Nach einigen zünftigen Turbulenzen und einer sanften Landung auf dem Jungfraufirn auf 3200 m brachte uns ein kurzer Ski-Aufstieg zur bewarteten Mönchsjoch-Hütte. Wir waren erstaunt; trotz hervorragender Schneeverhältnisse war das ganze Jungfraugebiet praktisch menschenleer.

Unser Mittwochs-Warmup war die Besteigung des Mönchs. Ein schöner frühmorgendlicher Flug vom Gipfel brachte uns auf das Ewigschneefeld. Nach einem Skiaufstieg unter den Fieschersattel, deponierten wir unsere Ausrüstung und bestiegen das Gross- und das Hinter Fiescherhorn. Zurück bei unserer Ausrüstung, machten wir einen kurzen Gleitflug zum Gross Grünhorn. Die Besteigung dieses Gipfels war bei den hervorragenden Verhältnissen ein pures Vergnügen. Von unterhalb des Gipfels flogen wir zur unbewarteten Finsteraarhornhütte, wo wir den Rest des Tages auf der Terrasse in der Sonne fläzten, uns erholten und unsere Ausrüstung trockneten.

Am Donnerstag bestiegen wir das Finsteraarhorn. Es war sonnig, aber so kalt, dass die Getränke in unseren Rucksäcken gefroren. Wegen des starken Windes konnten wir nicht wie geplant vom Hugisattel starten, sondern wir mussten mit den Skiern auf 3500 m abfahren, wo wir kurz vor Mittag in die Luft kamen. Die Flugbedingungen waren sportlich und wir flogen über Fiescheralp, Wiwanni und Augstbordhorn zum Rimpfischhorn, wo wir nach 3 Stunden auf dem Längfluegletscher auf 3650 m landeten. Nachdem wir das Rimpfischhorn schnell und mit geringem Aufwand erklommen hatten, machten wir einen kurzen Flug vom Rimpfischsattel zum Allalingletscher und standen um 18:15h auf dem Gipfel des Strahlhorns. Zurück bei den Schirmen, gönnten wir uns noch eine Runde Hochgebirgskiten, bevor wir einen langen Gleitflug im prächtigen Abendlicht zur bemannten Monterosahütte machten. Aufgrund der Windvorhersage für die kommenden Tage entschieden wir uns, die Schirme für unsere nächste Etappe, die Monterosa, auf der Hütte zu lassen.

 

 

Episode 3: Monterosa (14.-17.06.2024)

Am Freitag starteten wir bereits um 2:35 Uhr. In der Morgendämmerung schlug das Wetter um. Die Sicht wurde schlecht und Böen bis 100 km/h, begleitet von Graupel, pfiffen uns um die Ohren. Wir zogen alle Kleider an und gingen weiter, den Kopf möglichst vom feuchten Wind abgewandt. Nach dem Nordend stiegen wir zur Dufourspitze auf und traversierten mühsam durch Pulverschnee zur Zumsteinspitze und weiter zur Signalkuppe, wo wir uns in der Wärme der Capanna Regina Margarita eine ausgedehnte Pause gönnten. Gegen Mittag fuhren wir mit den Skiern hinunter zum Rifugio Gnifetti. Dank einer bereits gut präparierten Strecke für den Monterosa Sky Marathon am Sonntag ging dies trotz schlechter Sicht problemlos.

Am Samstag gingen wir es gemächlich an und schafften es gerade noch zum letzten Frühstück. Nachdem wir weitere Kalorien in Form von Kuchen zu uns genommen und auf eine kurze Wetterbesserung gewartet hatten, konnten wir die Punta Giordani bei stürmischem Wind, aber akzeptabler Sicht, besteigen. Rechtzeitig aufs Mittagessen waren wir zurück in der Rifugio Gnifetti und verbrachten den Nachmittag mit Faulenzen und dem Essen von Tiramisu.

Am Sonntag besserte sich das Wetter. Nach einem ausgiebigen Frühstück in der Rifugio Gnifetti, das mit 230 Gästen voll besetzt und entsprechend chaotisch war, bestiegen wir die «kleinen» Viertausender Vincent Pyramid, Corno Nero, Ludwigshöhe und Parrotspitze, traversierten dann Lyskamm und Castor und schlossen unseren Tourentag mit dem Pollux ab. Eine schöne Skiabfahrt brachte uns zur gemütlichen Rifugio Guida d’Ayas.

Am Montag überquerten wir die Breithorngruppe (Rocchia Nera, Gendarm, Breithornzwilling, Breithorn Ostgipfel, Breithorn Westgipfel) und fuhren eine spektakuläre Linie via Zwillingsjoch zur Monterosahütte hinunter. Nach einem reichhaltigen Mittagessen fellten wir den langen Weg zum Stockhornpass hinauf. Von dort aus konnten wir bei moderatem Wind auf die Cima Brioschi kiten und über den Strahlchnubel zum Adlergletscher fliegen. Nach weiterem Kiten auf diesem Gletscher erwischten wir eine rare Thermik, konnten über das Längfluejoch aufdrehen und zur Täschhütte gleiten.

 

 

Episode 4: Alphubel, Allalinhorn (18.06.2024)

Das prächtige Morgenlicht entschädigte uns für den frühen Start im Dunkeln. Wir deponieren unsere Schirme auf dem Alphubeljoch und stiegen mit den Skiern in der sonnigen Ostwand im Windschatten des kräftigen SW-Windes auf den Alphubel. Nach einer rassigen Abfahrt zum Schirmdepot bestiegen wir den Feechopf. Der Schnee türmte sich auf dem einfachen Grat zum Feejoch und machte die Überschreitung heikel und zeitraubend. Deshalb fuhren wir bei der ersten Gelegenheit die steile NE-Wand hinunter und gelangten auf diesem Weg über das Feejoch aufs Allalinhorn. Nach einer ausgiebigen Pause im Windschatten des Feejochs, dem Verzehr unserer Sandwiches und der Online-Beobachtung der nahegelegenen Windstationen, entschlossen wir uns zu Fliegen. Die Turbulenzen während des Fluges bewegten sich im erwarteten Rahmen und wir schafften es sicher bis zum Kreuzboden auf der anderen Talseite. Von dort aus war es nur noch ein kurzes Stück hinauf zur Weissmieshütte. Auf der Hütte gönnten wir uns eine kalte Schmelzwasserdusche. Umso wärmer war der Empfang des Hüttenteams, das uns gratis aus ihrer vorzüglichen Küche verköstigte.

 

 

Episode 5: Lagginhorn, Weissmies, vorübergehende Rückkehr nach Hause (19.06.2024)

Trotz schlecht gefrorenem Schnee schafften wir es innerhalb von 3 Stunden aufs Lagginhorn. Nach dem Abstieg und einer rassigen Skitraverse deponierten wir unsere Schirme auf 3360 m und bestiegen das Weissmies. Der Wind auf dem Gipfel war stark und böig. Nach dem Abstieg zu den Schirmen legten wir eine lange Pause ein, in welcher wir das Wetter sorgfältig beobachteten und die Windstationen in der Nähe abfragten. Nach einer Risikoanalyse und einer ausgiebigen Diskussion kamen wir zum Schluss, dass der Nutzen eines Fluges das Risiko nicht wert wäre und beschlossen, aufs Fliegen zu verzichten. Dank der aussergewöhnlichen Schneemenge konnten wir mit den Skis bis knapp oberhalb Kreuzboden abfahren. Nach einem wenig angenehmen Abstieg von 850 m in unseren Skischuhen hinunter nach Saas Grund, wurde unser Entscheid, an diesem Tag nicht zu fliegen, bestätigt: Ein föhniger Windstoss trug Chrigels Mütze weg. Mit Bus und Bahn reisten wir zurück nach Frutigen, voll motiviert, das XPEAKS-Projekt bei nächster Gelegenheit weiterzuführen.

Rückblickend waren diese ersten 10 Tage nicht nur unvergesslich, sondern auch ausgesprochen effizient: Ausgehend von unserem Wohnort erklommen wir mit dem Körpereinsatz von insgesamt 20'000 Höhenmetern Aufstieg 30 Gipfel über 4000 m, wobei wir auf jegliche Art von klassischen Transportmitteln verzichteten, und uns ausschliesslich zu Fuss, auf Skiern und mit Gleitschirmen fortbewegten.

 

 

Episode 6: Mischabel (24.-27.06.24)

Wir reisten am Montag mit ÖV zurück nach Tamatten bei Saas Grund, wo wir unser XPEAKS Projekt nach den ersten 30 Gipfeln unterbrochen hatten – siehe Episoden 1-5. Nach 800 HM Fussaufstieg auf die Hannigalp flogen wir hoch zur Mischabelhütte. Dort wurden wir vom Hüttenteam herzlich empfangen und verköstigt. Begleitet von einem Kamerateam bestiegen wir am Dienstagmorgen das Nadelhorn. Dort klinkten wir uns aus und traversierten bei mühsamen und heiklen Bedingungen mit viel Neuschnee den Nadelgrat (Stecknadelhorn, Hohberghorn, Dirruhorn) und kehrten zurück in die Mischabelhütte. Am Mittwoch bestiegen wir über die Nordostwand die Lenzspitze. Ein anspruchsvoller und zeitraubender Abstieg über den exponierten Südgrat brachte uns auf den Hobärggletscher, wo wir unsere Schirme deponierten. Dank unserer bewährten Cramplifier Carbonplatten schafften wir es trotz weichem Schnee auf den Dom – wir waren allein im Gebiet. Ein imposanter Hochgebirgsflug brachte uns auf den Weingartengletscher in die Nähe des Mischabeljochbiwaks. Stürmischer Wind am frühen Donnerstagmorgen schüttelte das gut eingerichtete Biwak zünftig durch und bewog uns, noch etwas liegenzubleiben. Nach Tagesanbruch beruhigte sich das Wetter und wir bestiegen über den tief eingeschneiten und verwächteten SO-Grat das Täschhorn. Zurück im Mischabeljoch, diskutierten wir unsere Optionen und entschieden uns, am nächsten Tag das Weisshorn zu probieren. Ein angenehmer Flug brachte uns in die Weisshornhütte, wo wir mit einer feinen Rösti mit Tomaten und Käse verwöhnt wurden.

 

 

Episode 7: Weisshorn, vorübergehende Heimkehr (28.06.2024)

Um 3.30 Uhr gingen wir von der Weisshornhütte los. Obwohl der Schnee nicht gefroren war, sanken wir anfänglich nur knöcheltief ein und kamen gut voran. Oberhalb von 3600 Metern wurde der Schnee weicher und erschwerte uns das Vorwärtskommen zunehmend. Der tief eingeschneite und überwächtete Ostgrat war heikel und zeitraubend zu begehen. Dafür hatte der Schnee in der Gipfelflanke eine Konsistenz, die uns mit den Cramplifier Carbonplatten ein angenehmer, treppenartiger Aufstieg ermöglichte. Nach fünf Stunden intensivem Bergsteigen waren wir auf dem Weisshorn, drei Stunden später waren wir zurück bei der Hütte. Wir freuten uns sehr, diesen prächtigen, aber aufwändigen Berg abhaken zu können. Über einem grossen Teller Tomatenspaghetti analysierten wir die Wetterlage und fassten wir den Entschluss zur temporären Heimkehr. Um uns eine möglichst gute Ausgangslage für den weiteren Projektverlauf zu schaffen, machten wir einen Streckenflug nach Goppenstein. Die Flugbedingungen waren rau und einmal mehr bewährte sich unsere Flugausrüstung bestens.
Beim nächsten nutzbaren Wetterfenster nehmen wir den Zug nach Goppenstein und steigen 800 Höhenmeter auf zur Faldumalp, ein idealer Vormittags-Startplatz mit Thermik-Anschluss ins Wallis. Bis dahin wird unser Tagesplan von Erholen und Essen dominiert.

 

 

Episode 8: Flug ins Mt Blanc Gebiet, Verte (02.-05.07.2024)

Eine kurze Zugreise brachte uns nach einem 4-tägigen Unterbruch zurück nach Goppenstein. Zu Fuss gings auf die Falumalp, wo wir starteten. Die Flugbedingungen waren mit zügigem Nordwind anspruchsvoll und zwangen uns unweit des Col de la Forclaz zu einer Zwischenlandung. Nach einem Fussmarsch auf den Col de Balme konnten wir nochmals starten und nach Les Praz de Chamonix fliegen, wo wir eine Pizzeria und ein Hotel fanden. Am nächsten Tag erhielten wir von der Präfektur eine Absage auf unser Gesuch für eine Gleitschirm-Sonderbewilligung in der temporären Mont Blanc Flugverbotszone. So blieben unsere Gleitschirme während dem langen, interessanten Fussaufstieg via Les Mottets, Mer de Glace zur Refuge du Couvercle im Rucksack. Am Donnerstag um Mitternacht gabs Tagwache. Obwohl wir aus taktischen Gründen unüblich lange frühstückten, taktierten die anderen Seilschaften noch besser. Wir waren die Ersten und mussten bei Nebel und weichem Schnee über den Glacier de Talfère zum Whymper-Couloir spuren. Über das benachbarte Südcouloir Armand Charlet gelangten wir mühelos auf den Grat und konnten die drei Gipfel Jardin, Rocheuse und Verte knipsen – 41 von 82 Gipfeln waren geschafft. Freitags um 5.05 Uhr standen wir auf dem genau 4000m hohen Droites Ostgipfel und genossen trotz kaltem Wind die Morgendämmerung und den prächtigen Sonnenaufgang. Um 8.10 Uhr waren wir bereits zurück bei der Hütte, passten wieder mal unsere Planung an, packten unsere Gleitschirme und wanderten auf den Col du Géant. Von dort flogen wir nach Avise und wanderten nach Introd, unweit der Grenze zum Gran Paradiso Nationalpark, wo wir das sehr sympathische B&B @lastazionedellacqua fanden. Nach den 3200 Höhenmetern Aufstieg des Tages schmeckte die eh schon gute Pizza noch besser.

 

 

Episode 9: Gran Paradiso (06.-07.07.2024)

Im Gran Paradiso Nationalpark werden keine Gleitschirmflüge geduldet und auch dort gelang es uns nicht, eine Sonderbewilligung zu erhalten. Also deponierten wir unsere Flugausrüstungen in unserem B&B @lastazionedellacqua und gingen, nachdem wir uns an dem sensationellen Frühstücksbuffet die Bäuche vollgeschlagen hatten, mit leichtem Gepäck zu Fuss los. Fünf Stunden später hatten wir die 23km und 1650 Höhenmeter zur Chabod Hütte überwunden und waren wieder hungrig. Während unsere Kleider trockneten, assen wir uns durch die diversen Pasta-, Gnocci- und Käsespezialitäten dieser sympathischen Hütte. Während dem Abendessen stellten wir fest, dass sich der Wetterbericht für den Sonntagmorgen starken Regen vorhersagte und beschlossen spontan, den Gipfel noch am selben Abend zu besteigen. Um 20.30 Uhr gingen wir von der Hütte los und standen um 22.40 Uhr bei Sturmwind und Graupel auf dem Gran Paradiso – einmal mehr hielt sich das Wetter nicht an die Vorhersage. Das tat unserer Freude über diesen Gipfelerfolg keinen Abbruch und um Mitternacht waren wir bereits wieder zurück in der Hütte, auch am heutigen Tag stiegen wir insgesamt gut 3000 Höhenmeter auf. Am nächsten Tag wanderten wir in vier Stunden zurück nach Introd zu unserem B&B. Ein kurzer Gleitflug brachte uns ins Aostatal. Von dort wanderten wir in der prallen Sonne entlang der Schnellstrasse Richtung Courmayeur bis Morgex, wo wir im Hotel Dada eincheckten und uns in einer Selfservice Pizzeria die Bäuche vollschlugen.

 

 

Episode 11: Grand Combin (13.-14.07.2024)

Nach der Schlechtwetterphase reisten wir mit ÖV zurück ins Wallis nach Bourg St. Pierre. Auf 2400m östlich des Dorfes starteten wir und flogen Richtung Valsorey Hütte. Schwache Thermik und starker Wind zwangen uns, die letzten 600 Höhenmeter zur Hütte zu Fuss aufzusteigen. Das Hüttenteam bestachen wir mit Avocados, um einen Schlafplatz zu ergattern. Am nächsten Tag überschritten wir bei perfekten Bedingungen die drei Gipfel des Grand Combin und waren 6 h 20 min später bereits wieder zurück in der Hütte. Die Zeit bis zum Thermikbeginn nutzten wir, um uns die Bäuche mit Pasta und Kuchen vollzuschlagen. Nach dem Mittag flogen wir von der Hütte in Richtung Mont Blanc Gebiet los – gegen den Wind. Beim Grand Col Ferret standen wir an und mussten knapp unterhalb des Passes landen. Ein kurzer Fussmarsch brachte uns ins Luv, wo wir wieder starteten und über den Tete de Ferret soarten. Quer zum Wind querten wir das Val Ferret und soarten am Prallhang hoch zum Mont Grépillon. Dank starker, hochreichender Thermik und beherztem Beschleunigen, kamen wir schliesslich gegen den Wind und starke Turbulenzen an und flogen via Grandes Jorasses zur Torinohütte, wo wir um 15.40 Uhr landeten. Den Rest des Tages genossen wir die herzliche Gastfreundschaft des Hüttenwarts Armando und seinem Team.

 

 

Episode 10: Mont Blanc Süd (08.-09.07.2024)

In diesen zwei Tagen lief es traumhaft. Am Montag nach dem Hotel-Frühstück wanderten wir 1300 Höhenmeter hoch und starteten kurz nach 14 Uhr oberhalb von Morgex. Via Aiguilles Marbrées und Aiguille Noire de Peuterey flogen wir an den Brouillardgrat, überhöhten den Pointe du Breuillat und konnten auf dem Col de Peuterey bei perfekten Bedingungen landen. Die Besteigung der normalerweise sehr aufwändigen Aiguille Blanche de Peuterey dauerte nur rund zwei Stunden, dann waren wir zurück bei unseren Schirmen und flogen zum Eccles-Biwak. Der Wetterbericht sagte für übermorgen Mittwoch schlechtes Wetter voraus und einmal mehr sahen wir uns zum Umplanen genötigt. Unser neuer, sehr offensiver Plan stand schliesslich um 22 Uhr und so kriegten wir zwei Stunden Ruhezeit, bevor am Dienstagmorgen um Mitternacht der Wecker läutete. Mit leichter Ausrüstung gingen wir um 0.35 Uhr vom Biwak los, unsere Flugausrüstungen liessen wir zurück. Dann kam der Flow: Col Emile Rey um 1.45 Uhr, Mont du Breuillat um 2.05 Uhr, Pointe Baretti um 2.40 Uhr, zurück im Col Emile Rey um 3.15 Uhr, Pointe Louis Amédéé um 6.10 Uhr, zehn Minuten Pause. Dann Mont Blanc de Courmayeur um 8.35 Uhr, Grand Pillier d’Angle um 10.25 Uhr, zurück im Biwak um 12.35 Uhr. Wir waren erschöpft und sehr froh, ging es vom Biwak aus per Gleitschirm weiter. Bei turbulenten Bedingungen flogen wir über den Grand Col Ferret nach Bourg St. Pierre, um dort unser Projekt zu unterbrechen und temporär heimzureisen. Diesen Talort wählten wir aus taktischen Überlegungen, denn von dort aus haben wir viele Möglichkeiten, nach dem Schlechtwetter wieder einzusteigen. Der erste fahrplanmässige Bus tauchte nicht auf, der Nächste fuhr uns drei Minuten vor der fahrplanmässigen Abfahrtszeit vor der Nase davon, da half auch Nachrennen und Winken nichts. Schliesslich konnten wir nach gutem Zureden mit einem Fernbus nach Martigny mitfahren und kamen am Abend zuhause in Frutigen an.

 

 

Episode 12: Die Mont Blanc Gipfel (15.-18.07.2024)

Am 15. Juli knipsten wir den Dent du Géant. Zum Üben führte Chrigel diese kurze, hübsche Tour und nach 4 h 40 min waren wir bereits wieder zurück in der Torinohütte. Tags darauf, als wir kurz vor 3 Uhr aufstanden, gewitterte und stürmte es draussen. Wir gingen gleich wieder ins Bett und nutzten das Schlechtwetter für einen Ruhetag. Am 17. Juli passte das Wetter und wir überschritten den eindrücklichen Grandes Jorasses Grat. Auf dem Pointe Walker angekommen, legten wir bei idealem Aufwind unsere Gleitschirme aus und flogen zurück zur Torinohütte, wo wir nach zwölf Stunden landeten. Den Nachmittag verbrachten wir gemütlich mit Freunden in der Hütte. Unser Projekt-Berater @voidegabriel setzte uns bei dieser Gelegenheit den Floh ins Ohr, die noch fehlenden zehn Gipfel der Mont Blanc Region als Tagestour abzuhaken – inklusive Flugausrüstung auf dem Rücken. Am nächsten Tag kamen wir nach dem Start um 1.40 Uhr gut voran und standen bereits um 9.15 Uhr auf dem Isolée, dem fünften Gipfel des Teufelsgrats und schwierigsten Viertausender der Alpen. Weiter gings über den Tacul auf den Mont Blanc, dem höchsten Gipfel der Alpen. Während des Aufstiegs erlitt ich einen temporären Leistungseinbruch, während Chrigel einen Energieschub hatte und mich die letzten Höhenmeter auf den Gipfel buchstäblich hochzog. Weiter gings via Dome du Gouter auf den Aiguille du Bionnassay. Dort starteten wir bei perfekten Bedingungen und gleiteten zum Col de Joly. Nach einer Stärkung in einem kleinen Restaurant stiegen wir auf den Col und starteten im Luv. Die prächtigen, abendlichen Flugbedingungen liessen uns bis Montorlin fliegen, südwestlich von Bourg St. Maurice. Da das einzige Hotel in diesem kleinen Dorf geschlossen war, gleiteten wir im letzten Licht ins Haupttal und wanderten nach Aime. Um 22 Uhr setzten wir uns nach einem langen Tag endlich an eine Bar und assen Croque-Monsieur und Automatenpizza, bevor wir uns in ein lokales Hotel verkrochen.

 

 

Episode 13: Barres des Ecrins, Spa (19.-21.07.2024)

Als wir nach unserem Mont Blanc Exploit vom Vortag Mitte Vormittag endlich in die Gänge kamen, realisierten wir, dass die Flugbedingungen viel besser aussahen als prognostiziert. Erst um 13 Uhr, rund zwei Stunden zu spät, starteten wir südlich von Aime an einem Startplatz. Anfangs konnten wir schön aufdrehen, dann zog bald ein dickes Zirrenfeld auf und der zunehmend dominante Wind verblies die Thermik. Schliesslich schafften wir es trotz grossem Effort in mehreren Flügen nur bis Sainte-Marie-de-Cuines – bescheidene 35 Kilometer Luftlinie. Am nächsten Tag kamen wir wieder in den Flow. 2 h 40 min nach dem Start auf dem Col de Cochemin landeten wir ostseitig der Barres des Ecrins auf 3950 m im Lee des Westwinds. Das Besteigen der beiden Gipfel war rasch erledigt und 1 h 30 min später waren wir bereits wieder in der Luft. Unerwartet heftige Lee-Turbulenzen machten uns arg zu schaffen und zwangen uns bereits nach zwei km zur Landung auf dem flachen, 900 m tieferen Glacier Blanc – Gleitzahl 2.2. Einige hundert Meter weiter östlich starteten wir wieder und kämpften uns im Lee talauswärts, bis wir endlich wieder auf über 4000 m aufdrehen konnten. Bei sportlichen Bedingungen mit starker Thermik und zügigem Westwind arbeiteten wir uns nordwärts. Gegen Abend wurden die Flugbedingungen immer besser und wir konnten mit der letzten Abendthermik bis Les Rosières fliegen, wo wir im noblen Spa-Hotel I.L.Y. eincheckten. Hungrig wie die Wölfe besuchten wir das hoteleigene Restaurant und liessen eine schöne Stange Geld liegen, um wenigstens unseren gröbsten Hunger zu stillen. Die Betten hingegen waren überaus bequem und am nächsten Tag, nach einem ausgiebigen Frühstück an einem unglaublich reichhaltigen Buffet, war Spa angesagt.

 

 

Episode 14: Restliche Walliser Gipfel (22.-25.07.2024)

Wir waren am Morgen die Ersten am reichhaltigen Frühstücksbuffet. Mit vollen Mägen wanderten wir im Nebel auf den Petit St. Bernard, wo wir etwas oberhalb des Passes in den Westwind starten konnten. Wir querten das Tal an einen Prallhang und konnten prächtig aufsoaren und zwischenlanden, denn wir waren noch etwas zu früh zum Thermikfliegen. Schliesslich flogen wir bei schönen Flugbedingungen ins Valpelline und landeten östlich der Rifugio Aosta unterhalb der Dent d’Herens auf 3100 m. Ein zügiger Aufstieg brachte uns auf den Gipfel, die Schirme mussten auf ca. 3800 m warten. Zurück bei den Schirmen, flogen wir zur Tete Blanche und nach einem Fussmarsch von wenigen hundert Metern flogen wir bis unterhalb der Dent Blanche Hütte. Am nächsten Tag bestiegen wir bei Top Bedingungen in 2 h 25 min die Dent Blanche. Nach einer Zwangspause aufgrund der tiefen Wolkenbasis flogen wir erst um 11.10 Uhr via Col de Zinal auf den Arbengrat. Dort deponierten wir unsere Flugausrüstungen, bestiegen via Arbengrat das Ober Gabelhorn und stiegen auf dem gleichen Weg wieder ab zu unseren Gleitschirmen. Ein wilder Flug in böig auffrischendem Wind brachte uns zur @hoernlihuette, wo wir die SRF-Filmcrew trafen. Am 24. bestiegen wir, begleitet vom Kameramann @matthiasluescher, das berühmte und vielbesuchte Matterhorn. Chrigel führte die ganze Tour souverän. Nach einem währschaften Mittagessen flogen wir bei einfachen Flugbedingungen innert weniger Minuten zur neu gebauten @rothornhuette. Tags darauf stand das Zinalrothorn auf dem Programm. Nach dem spektakulären Abstieg über den Nordgrat starteten wir auf dem Gletscherplateau Richtung Moming und flogen zur Tracuithütte. Weiter gings aufs Bishorn (1 h 40 min), wo wir um 11.50 Uhr auf dem Gipfel starteten und via Goms nach Andermatt flogen und im Voralptal landeten. In der Vor-Maigelshütte genossen wir das beste Abendessen unseres Projekts, nochmals herzlichen Dank an die Hüttencrew!

 

 

Episode 15: Piz Bernina, Rückkehr ins Berner Oberland (26.-27.07.2024)

Nach einer schönen Wanderung zur Maigelshütte starteten wir oberhalb der Hütte in Richtung Piz Cavradi. Die Thermik wurde rasch besser und mit Rückenwind flogen wir via Surselva Richtung Osten. Eine schlechte Linie brachte mich südlich von Andeer in Bedrängnis. Geduldig musste ich mich oberhalb der Averser Brücke wieder hochbasteln. Zurück an der Wolkenbasis, lief es wie am Schnürchen und schon bald sahen wir den Silvaplanersee mit einer Hundertschaft von Kitesurfern. Via Fuorcla Surlej flogen wir an den Piz Tschierva und weiter zum Piz Bernina. Der einheimische Bergführer und Gleitschirmcrack @romanosalis flog mit uns. Wie von @burnair.ch prognostiziert, stieg die Wolkenbasis Mitte Nachmittag kurz an und wir konnten südlich des Gipfels auf 3950 m landen. 15 min Aufstieg brachte uns um 16.30 Uhr auf den Gipfel und schon bald waren wir wieder in der Luft. Am Piz Roseg konnten wir gemeinsam mit Romano bis 4200 m aufdrehen, einer der unvergesslichen Momente des Projekts. In angenehmer Thermik ging es zurück Richtung Surselva. Wider Erwarten machte der Julierpass keinerlei Probleme und schon bald konnten wir am Piz Mitgel an die Wolkenbasis aufdrehen. Der Piz Linard zog nicht mehr und unvermittelt waren wir bei Lenzerheide unter der Waldgrenze in unseren warmen Kleidern am Schwitzen und am Nullern. Mit viel Geduld schafften wir es in der letzten Thermik des Tages via Parpaner Rothorn nochmals an die Wolkenbasis. Übers Brambrüesch flogen wir ins Haupttal und liessen uns vom immer noch kräftigen Talwind bis Reichenau treiben, wo wir nach diesem langen und bemerkenswert effizienten Flug- und Bergtag überglücklich landeten. Ein kurzer Fussmarsch brachte uns nach Trin, wo wir im sympathischen Hotel @ustriaparlatsch spätabends freundlich empfangen und mit hervorragendem Rindstartar aufgefuttert wurden. Am nächsten Tag starteten wir vom Flimserstein und flogen via Maderanertal, Wendenstöcke nach Meiringen, wo wir mit einigen unserer Familienmitglieder Chrigels 42. Geburtstag feierten.

 

 

Episode 16: Die letzten drei Gipfel (28.-30.07.2024)

Nach einer erholsamen Nacht in Meiringen in der Wohnung eines Kollegen und einem währschaften Frühstück wanderten wir, begleitet von @thomastheurillat und @_boedeler auf die Grosse Scheidegg. Dort gab es Pommes und Kuchen. Trotz tiefer Wolkenbasis schafften wir es am Nachmittag, bis unterhalb der Schreckhornhütte zu fliegen. Am nächsten Tag war mit der Überschreitung von Schreckhorn und Lauteraarhorn nochmals intensives und anspruchsvolles Bergsteigen angesagt. Treuer Begleiter bis kurz oberhalb unseres Schirmdepots auf dem Gaagg war ein böiger NW-Wind. Wir hatten daher grosse Zweifel, dass wir es fliegend in die Mönchsjochhütte schaffen würden. Daher schmiedeten und bewerteten wir vor dem Start insgesamt fünf Handlungsoptionen. Erstaunlich sanft konnten wir schliesslich bei der Gwächta und dem Mättenberg an die Wolkenbasis aufdrehen und zum Mittellegigrat queren. Dort konnten wir dynamisch aufsoaren und uns via Eigernordwand zur Eiger Westflanke durchmogeln. Mit viel Geduld bastelten wir uns zu den Eigerjöchern hoch. Ab dort ging es im starken Wind zügig über den Mönch. Nach einer kurzen Besprechung in der Luft bissen wir die Zähne zusammen, stachen ins wilde Lee, spiralten mit Sinkwerten bis zu 28 m/s durch die turbulente Luftmasse runter und landeten schliesslich sanft neben der @moenchsjochhuette_3657m.u.m, die von der freundlichen Crew um Yann Roulet kompetent geführt wird. Am nächsten Tag, nach dem Frühstück um 5 Uhr, nahmen wir den letzten Tag unseres Projekts in Angriff. Bei guten Verhältnissen und mit vielen anderen Seilschaften bestiegen wir, begleitet von einem SRF-Kamerateam, den Gipfel der Jungfrau. Wir starteten auf dem Hochfirn auf 4100 m und konnten über den Jungfraugipfel aufsoaren. Ein schöner, ruhiger Flug brachte uns via Schilthorn nach Frutigen, wo uns unsere Familien und Freunde am Landeplatz feierlich in Empfang nahmen und unserem Projekt so zu einem perfekten Abschluss verhalfen.

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