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Die Story

Episode 1: Der Start (10.06.2024)

Die unsichere Wettervorhersage für die kommenden Tage wurde durch Regen am Morgen bestätigt. So beabsichtigten wir, einen weiteren Trainingstag einzulegen und unser Ski-Setup, bestehend aus der Skitourenausrüstung und einfachem Gleitschirm-Gurtzeug, zu testen. Ein Kameramann wollte den Start des XPEAKS-Projekts für eine TV-Doku begleiten. Da wir die Wahrscheinlichkeit zu starten als gering beurteilten, beschlossen wir, dass er nicht kommen würde – ein Fehler.

Nach dem Start zu Fuss von unserem Zuhause in Frutigen, hoben wir am frühen Nachmittag in der Schlossweid unterhalb Trutten, nur 200 m oberhalb des Dorfes, mit unseren Gleitschirmen ab. Das Steigen war schwach, und es brauchte Geduld, um die niedrige Wolkenbasis von 1800-1900 m zu erreichen. Nach der Querung des Kandertals flogen wir über Kandersteg ins Gasterntal, wo wir auf der Gfelalp auf 1840 m landen konnten. Ein Aufstieg von 1000 Höhenmetern brachte uns etwas über den Lötschenpass. Immer noch waren wir unschlüssig, ob dies ein weiterer Trainingstag oder der eigentliche Start unseres XPEAKS-Projekts war. Bei zügigem Wind und vielen Wolken starteten wir ins Luv. Wir konnten uns zwischen und vor den Wolken hochmogeln und schafften es über das Hockenhorn. Die Sicht auf sonnige Berge und riesige Wolkenbänke, teilweise bis 2000 m unter uns, war atemberaubend. Nach der Querung des Lötschentals konnten wir am Bietschhorngrat in sanftem Aufwind genug Höhe machen, um den Beichgrat zu queren. Der starke Nordföhn, der diesen aussergewöhnlichen Flug erst möglich machte, bescherte uns bei der Oberaletschhütte heftige Leeturbulenzen und anspruchsvolle Landebedingungen. Im gemütlichen Winterraum ging dieser geniale erste Tag voller Ungewissheiten, Abenteuer und Herausforderungen zu Ende.

 

 

Episode 2: Jungfraugebiet (11.-13.06.2024)

Wir verliessen die Oberaletschhütte in tiefer Nacht. Nachdem wir unseren ersten 4000er, das Aletschhorn, erreicht und zelebriert hatten, starteten wir etwa 100 Höhenmeter unterhalb des Gipfels, geschützt im Lee des starken NW-Winds. Nach einigen zünftigen Turbulenzen und einer sanften Landung auf dem Jungfraufirn auf 3200 m brachte uns ein kurzer Ski-Aufstieg zur bewarteten Mönchsjoch-Hütte. Wir waren erstaunt; trotz hervorragender Schneeverhältnisse war das ganze Jungfraugebiet praktisch menschenleer.

Unser Mittwochs-Warmup war die Besteigung des Mönchs. Ein schöner frühmorgendlicher Flug vom Gipfel brachte uns auf das Ewigschneefeld. Nach einem Skiaufstieg unter den Fieschersattel, deponierten wir unsere Ausrüstung und bestiegen das Gross- und das Hinter Fiescherhorn. Zurück bei unserer Ausrüstung, machten wir einen kurzen Gleitflug zum Gross Grünhorn. Die Besteigung dieses Gipfels war bei den hervorragenden Verhältnissen ein pures Vergnügen. Von unterhalb des Gipfels flogen wir zur unbewarteten Finsteraarhornhütte, wo wir den Rest des Tages auf der Terrasse in der Sonne fläzten, uns erholten und unsere Ausrüstung trockneten.

Am Donnerstag bestiegen wir das Finsteraarhorn. Es war sonnig, aber so kalt, dass die Getränke in unseren Rucksäcken gefroren. Wegen des starken Windes konnten wir nicht wie geplant vom Hugisattel starten, sondern wir mussten mit den Skiern auf 3500 m abfahren, wo wir kurz vor Mittag in die Luft kamen. Die Flugbedingungen waren sportlich und wir flogen über Fiescheralp, Wiwanni und Augstbordhorn zum Rimpfischhorn, wo wir nach 3 Stunden auf dem Längfluegletscher auf 3650 m landeten. Nachdem wir das Rimpfischhorn schnell und mit geringem Aufwand erklommen hatten, machten wir einen kurzen Flug vom Rimpfischsattel zum Allalingletscher und standen um 18:15h auf dem Gipfel des Strahlhorns. Zurück bei den Schirmen, gönnten wir uns noch eine Runde Hochgebirgskiten, bevor wir einen langen Gleitflug im prächtigen Abendlicht zur bemannten Monterosahütte machten. Aufgrund der Windvorhersage für die kommenden Tage entschieden wir uns, die Schirme für unsere nächste Etappe, die Monterosa, auf der Hütte zu lassen.

 

 

Episode 3: Monterosa (14.-17.06.2024)

Am Freitag starteten wir bereits um 2:35 Uhr. In der Morgendämmerung schlug das Wetter um. Die Sicht wurde schlecht und Böen bis 100 km/h, begleitet von Graupel, pfiffen uns um die Ohren. Wir zogen alle Kleider an und gingen weiter, den Kopf möglichst vom feuchten Wind abgewandt. Nach dem Nordend stiegen wir zur Dufourspitze auf und traversierten mühsam durch Pulverschnee zur Zumsteinspitze und weiter zur Signalkuppe, wo wir uns in der Wärme der Capanna Regina Margarita eine ausgedehnte Pause gönnten. Gegen Mittag fuhren wir mit den Skiern hinunter zum Rifugio Gnifetti. Dank einer bereits gut präparierten Strecke für den Monterosa Sky Marathon am Sonntag ging dies trotz schlechter Sicht problemlos.

Am Samstag gingen wir es gemächlich an und schafften es gerade noch zum letzten Frühstück. Nachdem wir weitere Kalorien in Form von Kuchen zu uns genommen und auf eine kurze Wetterbesserung gewartet hatten, konnten wir die Punta Giordani bei stürmischem Wind, aber akzeptabler Sicht, besteigen. Rechtzeitig aufs Mittagessen waren wir zurück in der Rifugio Gnifetti und verbrachten den Nachmittag mit Faulenzen und dem Essen von Tiramisu.

Am Sonntag besserte sich das Wetter. Nach einem ausgiebigen Frühstück in der Rifugio Gnifetti, das mit 230 Gästen voll besetzt und entsprechend chaotisch war, bestiegen wir die «kleinen» Viertausender Vincent Pyramid, Corno Nero, Ludwigshöhe und Parrotspitze, traversierten dann Lyskamm und Castor und schlossen unseren Tourentag mit dem Pollux ab. Eine schöne Skiabfahrt brachte uns zur gemütlichen Rifugio Guida d’Ayas.

Am Montag überquerten wir die Breithorngruppe (Rocchia Nera, Gendarm, Breithornzwilling, Breithorn Ostgipfel, Breithorn Westgipfel) und fuhren eine spektakuläre Linie via Zwillingsjoch zur Monterosahütte hinunter. Nach einem reichhaltigen Mittagessen fellten wir den langen Weg zum Stockhornpass hinauf. Von dort aus konnten wir bei moderatem Wind auf die Cima Brioschi kiten und über den Strahlchnubel zum Adlergletscher fliegen. Nach weiterem Kiten auf diesem Gletscher erwischten wir eine rare Thermik, konnten über das Längfluejoch aufdrehen und zur Täschhütte gleiten.

 

 

Episode 4: Alphubel, Allalinhorn (18.06.2024)

Das prächtige Morgenlicht entschädigte uns für den frühen Start im Dunkeln. Wir deponieren unsere Schirme auf dem Alphubeljoch und stiegen mit den Skiern in der sonnigen Ostwand im Windschatten des kräftigen SW-Windes auf den Alphubel. Nach einer rassigen Abfahrt zum Schirmdepot bestiegen wir den Feechopf. Der Schnee türmte sich auf dem einfachen Grat zum Feejoch und machte die Überschreitung heikel und zeitraubend. Deshalb fuhren wir bei der ersten Gelegenheit die steile NE-Wand hinunter und gelangten auf diesem Weg über das Feejoch aufs Allalinhorn. Nach einer ausgiebigen Pause im Windschatten des Feejochs, dem Verzehr unserer Sandwiches und der Online-Beobachtung der nahegelegenen Windstationen, entschlossen wir uns zu Fliegen. Die Turbulenzen während des Fluges bewegten sich im erwarteten Rahmen und wir schafften es sicher bis zum Kreuzboden auf der anderen Talseite. Von dort aus war es nur noch ein kurzes Stück hinauf zur Weissmieshütte. Auf der Hütte gönnten wir uns eine kalte Schmelzwasserdusche. Umso wärmer war der Empfang des Hüttenteams, das uns gratis aus ihrer vorzüglichen Küche verköstigte.

 

 

Episode 5: Lagginhorn, Weissmies, vorübergehende Rückkehr nach Hause (19.06.2024)

Trotz schlecht gefrorenem Schnee schafften wir es innerhalb von 3 Stunden aufs Lagginhorn. Nach dem Abstieg und einer rassigen Skitraverse deponierten wir unsere Schirme auf 3360 m und bestiegen das Weissmies. Der Wind auf dem Gipfel war stark und böig. Nach dem Abstieg zu den Schirmen legten wir eine lange Pause ein, in welcher wir das Wetter sorgfältig beobachteten und die Windstationen in der Nähe abfragten. Nach einer Risikoanalyse und einer ausgiebigen Diskussion kamen wir zum Schluss, dass der Nutzen eines Fluges das Risiko nicht wert wäre und beschlossen, aufs Fliegen zu verzichten. Dank der aussergewöhnlichen Schneemenge konnten wir mit den Skis bis knapp oberhalb Kreuzboden abfahren. Nach einem wenig angenehmen Abstieg von 850 m in unseren Skischuhen hinunter nach Saas Grund, wurde unser Entscheid, an diesem Tag nicht zu fliegen, bestätigt: Ein föhniger Windstoss trug Chrigels Mütze weg. Mit Bus und Bahn reisten wir zurück nach Frutigen, voll motiviert, das XPEAKS-Projekt bei nächster Gelegenheit weiterzuführen.

Rückblickend waren diese ersten 10 Tage nicht nur unvergesslich, sondern auch ausgesprochen effizient: Ausgehend von unserem Wohnort erklommen wir mit dem Körpereinsatz von insgesamt 20'000 Höhenmetern Aufstieg 30 Gipfel über 4000 m, wobei wir auf jegliche Art von klassischen Transportmitteln verzichteten, und uns ausschliesslich zu Fuss, auf Skiern und mit Gleitschirmen fortbewegten.

 

 

Episode 6: Mischabel (24.-27.06.24)

Wir reisten am Montag mit ÖV zurück nach Tamatten bei Saas Grund, wo wir unser XPEAKS Projekt nach den ersten 30 Gipfeln unterbrochen hatten – siehe Episoden 1-5. Nach 800 HM Fussaufstieg auf die Hannigalp flogen wir hoch zur Mischabelhütte. Dort wurden wir vom Hüttenteam herzlich empfangen und verköstigt. Begleitet von einem Kamerateam bestiegen wir am Dienstagmorgen das Nadelhorn. Dort klinkten wir uns aus und traversierten bei mühsamen und heiklen Bedingungen mit viel Neuschnee den Nadelgrat (Stecknadelhorn, Hohberghorn, Dirruhorn) und kehrten zurück in die Mischabelhütte. Am Mittwoch bestiegen wir über die Nordostwand die Lenzspitze. Ein anspruchsvoller und zeitraubender Abstieg über den exponierten Südgrat brachte uns auf den Hobärggletscher, wo wir unsere Schirme deponierten. Dank unserer bewährten Cramplifier Carbonplatten schafften wir es trotz weichem Schnee auf den Dom – wir waren allein im Gebiet. Ein imposanter Hochgebirgsflug brachte uns auf den Weingartengletscher in die Nähe des Mischabeljochbiwaks. Stürmischer Wind am frühen Donnerstagmorgen schüttelte das gut eingerichtete Biwak zünftig durch und bewog uns, noch etwas liegenzubleiben. Nach Tagesanbruch beruhigte sich das Wetter und wir bestiegen über den tief eingeschneiten und verwächteten SO-Grat das Täschhorn. Zurück im Mischabeljoch, diskutierten wir unsere Optionen und entschieden uns, am nächsten Tag das Weisshorn zu probieren. Ein angenehmer Flug brachte uns in die Weisshornhütte, wo wir mit einer feinen Rösti mit Tomaten und Käse verwöhnt wurden.

 

 

Episode 7: Weisshorn, vorübergehende Heimkehr (28.06.2024)

Um 3.30 Uhr gingen wir von der Weisshornhütte los. Obwohl der Schnee nicht gefroren war, sanken wir anfänglich nur knöcheltief ein und kamen gut voran. Oberhalb von 3600 Metern wurde der Schnee weicher und erschwerte uns das Vorwärtskommen zunehmend. Der tief eingeschneite und überwächtete Ostgrat war heikel und zeitraubend zu begehen. Dafür hatte der Schnee in der Gipfelflanke eine Konsistenz, die uns mit den Cramplifier Carbonplatten ein angenehmer, treppenartiger Aufstieg ermöglichte. Nach fünf Stunden intensivem Bergsteigen waren wir auf dem Weisshorn, drei Stunden später waren wir zurück bei der Hütte. Wir freuten uns sehr, diesen prächtigen, aber aufwändigen Berg abhaken zu können. Über einem grossen Teller Tomatenspaghetti analysierten wir die Wetterlage und fassten wir den Entschluss zur temporären Heimkehr. Um uns eine möglichst gute Ausgangslage für den weiteren Projektverlauf zu schaffen, machten wir einen Streckenflug nach Goppenstein. Die Flugbedingungen waren rau und einmal mehr bewährte sich unsere Flugausrüstung bestens.
Beim nächsten nutzbaren Wetterfenster nehmen wir den Zug nach Goppenstein und steigen 800 Höhenmeter auf zur Faldumalp, ein idealer Vormittags-Startplatz mit Thermik-Anschluss ins Wallis. Bis dahin wird unser Tagesplan von Erholen und Essen dominiert.

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